MILA-Vorstandsmitglied Joachim war in Portugal und hat dort die Rizoma Coop besucht – die ist „mehr als nur ein Supermarkt“. Gemeinsam mit Alison und Bernardo startet der Besuch auf der angenehm kühlen Terrasse im Innenhof der Rizoma Coop. Beide sind zwei der aktivsten Mitglieder der Coop – und ihre Leidenschaft für die Themen Ernährung und kooperatives Wirtschaften zeigt sich, sobald sie beginnen, über Rizoma zu erzählen.

Autor: Joachim Pranzl

Von der Idee zu Mini-Rizoma zur Rizoma Coop

So erzählt Bernardo, dass sie vor rund drei Jahren mit der Idee eines kooperativen Supermarkts beim Verein Renovar a Mouraria, einer lokalen Initiative zur Wiederbelebung eines Stadtviertels, vorsprachen. Dieser ermöglichte ihnen einen ersten Supermarktprototypen kostengünstig auszuprobieren – Mini Rizoma war geboren und die Kooperative als „Integral Cooperative“ mit unterschiedlichen Sektoren gegründet.

Das Interesse am Projekt und der Kooperative wuchs, sodass ein neuer, größerer Standort gebraucht wurde. Als ein passendes Objekt gefunden wurde konnte glücklicherweise ein Mitglied das Objekt vorfinanzieren und die Coop schloss einen Mietkaufvertrag über 20 Jahre mit dem Mitglied. Bei der Standortsuche fiel die Wahl auf einen Ort, der zwar eine relativ kleine Einkaufsfläche bietet, dafür jedoch andere Sektoren der Coop ermöglicht. Insgesamt stehen 400 m² drinnen und 90 m² Terrasse im Innenhof zur Verfügung.

Ein Wohlfühlort: Lebensmittel und Gemeinschaft verbinden

Bereits vor der Coop laden Tische zum Verweilen ein. Wer den Standort betritt spürt, dass hier Supermarkt und Einkaufen mit einem sozialen, gemeinschaftlichen Ort verbunden wird. Es gibt Pflanzen, Tauschkisten, Graffiti und an den Wänden hängen Flyer, Informationsschreiben, Hygienepläne, Zeitpläne, aktuelle Quartalszahlen und ein großer Schichtplan mit kleinen Fotos der Mitglieder.

Bei den Lebensmitteln wird auf Frische und Regionalität geachtet. Eine Karte zeigt die Herkunft der Produkte – und hier wird sichtbar, dass Rizoma auch mit der geographischen Lage Portugals zu kämpfen hat. Alison erklärt, dass es durchaus herausfordernd ist, möglichst viel aus Portugal oder Spanien zu beziehen und man dementsprechend auch auf den Import unterschiedlichster Produkte angewiesen ist. Das erklärt auch, warum sich im Sortiment das ein oder andere deutschsprachige Produkt wiederfindet. Neben den regulären Verkaufsregalen gibt es eine Vielzahl an unverpackten Produkten zum selbst abfüllen, ein Brotregal, Kühlregale und eine Tiefkühltruhe.

Die Preisgestaltung erfolgt wie bei MILA mit einem pauschalen, transparenten Preisaufschlag auf den Einkaufspreis. Eine Besonderheit ist die Mitwirkungsmöglichkeit für Produzent*innen: Wenn Produzent*innen Mitglied in der Coop werden, gilt das Zustellen ihrer Produkte in den Markt als Schicht.

Mehr als nur ein Supermarkt

Wer bereits einmal in Portugal war weiß, dass an so einem Gemeinschaftsort ein Café nicht fehlen darf. Schnell wurde bei der Standortentwicklung und der Coop-Entwicklung klar, dass Menschen nicht nur zum Einkaufen zu Rizoma kommen. Rizoma musste mehr sein als nur ein Supermarkt – Rizoma musste zu einem sozialen Ort werden, zu dem Menschen gerne kommen, um sich zu treffen.

Daran wurde auch schon beim Aufsetzen der Strukturen gedacht: Der Supermarkt bildet das Leuchtturmprojekt, der durch Arbeitsgruppen selbstorganisiert wird. Jede AG hat eine*n Repräsentant*in und eine*n Koordinator*in. Daneben gibt es noch weitere, von Mitgliedern getragene und weitestgehend autonom agierende Sektoren. Aktuell gibt es folgende Sektoren:

  • Supermarkt inkl. Café und Küche
  • Services (Co-Working Space im 1. Obergeschoss etc.)
  • Kultur (Gemeinschaftsraum im 1. Untergeschoss)
  • Wohnen
  • Landwirtschaft

Damit möchte die Coop nicht nur nach innen wirken, sondern auch nach außen: Einerseits als sozialer Ort der Nachbarschaft, mit den Themen Wohnen und Landwirtschaft in der Stadt und am Land und zu guter Letzt als Coop für gemeinsames Wirtschaften als Vorbild für andere Kooperativen.

Herausforderung: Zu viele und zu wenige Mitglieder gleichzeitig

Bernardo schildert, dass eine besonders niederschwellige Hürde zur Mitgliedschaft in einem migrantisch geprägten Stadtteil von Lissabon ein wichtiges Anliegen bei der Gründung war: Wer mindestens 15 Euro (3 Anteile á 5 Euro) zahlt und ein Willkommensevent besucht, kann Mitglied werden. Die weitere Kommunikation mit den Mitgliedern bleibt jedoch herausfordernd. Aktuell gibt es eine To-Do-Liste, damit Mitglieder immer schauen können, was aktuell gebraucht wird. Diese funktioniert nun auch über die eigens geschaffene digitale Mitgliederplattform, die zukünftig dabei helfen soll, Mitglieder informiert und organisiert zu halten.

Aktuell hat die Rizoma Coop rund 640 Mitglieder, von denen mehr als 300 regelmäßig ihre Schicht im Supermarkt machen. Rund 30 % der Mitglieder kaufen selten etwas ein, sie kommen zu Rizoma für die sozialen Events wie Theater, Yoga und vieles mehr. Rund 750 Menschen warten noch auf ihre Mitgliedschaft. Die Warteliste als Vorstufe der Mitgliedschaft wurde bewusst geschaffen – und wird von einem Teil der Coop bis heute stark verteidigt: Damit möchten sie die Coop langsam wachsen lassen und den sozialen Zusammenhalt bewahren. Gleichzeitig stellt das aber die Finanzierung des Supermarkts vor Herausforderungen, wie Alison schildert. Denn aktuell gibt es noch zu wenig Umsatz, um nachhaltig wirtschaften zu können und die drei Angestellten langfristig finanzieren zu können.

Zum Abschluss des Besuchs gibt es noch einen ausführlichen Rundgang, bei dem Alison und Bernardo ein paar weitere Details schildern:

  • In der kleinen Küche werden nicht mehr verkaufbare Frischeprodukte in Schichten weiterverarbeitet
  • Biologische Abfallreste kommen in die Wurmkiste und von dort als Dünger und Hummus in die kleinen Grünbeete auf der Terrasse
  • Mitglieder können selbstgebackene und selbstgemachte Produkte im Café verkaufen

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