Von MILA-Mitglied Karin Kuna.

„Das muss es sein!“ schießt es mir durch den Kopf, als ich von weitem die ansprechende Holzkonstruktion der wuchtigen Grätzel-Oase in der Haberlgasse sehe. Flugs ist das Rad abgesperrt, neugierig trete ich ins Innere des kleinen Geschäftslokals und staune gleich einmal über die Menge an Gemüse- und Obstkisten, freu mich über sizilianische „Cedri“ (quasi süße Ess-Zitronen) und Traisentaler Äpfel aus Demeter-Landwirtschaft. Das Backregal hingegen ist überschaubar bestückt (später werde ich erfahren, dass das an einem Dienstag-Nachmittag usus ist, weil ja das Gebäck immer freitags frisch geliefert wird): Ein bescheidenes Walnuss-Brot kauert neben einem selbstbewussten Laib „Oberlaaer“, darunter lugt eine vereinsamte Powidl-Golatsche hinter dem Minus-30-Prozent-Schild hervor… „was aus ist, ist eben aus“, denke ich mir und begrüße diese Anti-Wegwerf-Strategie sehr. In der Kühlung entdecke ich Tempeh-Variationen und vegane Aufstriche, Selchwürstel und allerlei Käse-Spezialitäten vom Bio-Hof, schlendere zum Regal gegenüber und stelle fest, dass das ausgewählte Sortiment an (Spezial-)Bieren gleichermaßen erfreulich wie das Wein-Angebot ein ernüchterndes ist. Da ich zum ersten Mal „im Amt“ bin, will ich als Neue im Team lieber die Gelegenheit nutzen und einfach den Mund halten, was Sortiment-Erweiterungen betrifft (ungeachtet beruflicher Vorbelastung als Winzerin, Marketing-Strategin „et alii“).

Los geht’s

Ich pflanze mich vor der Kassa auf und melde mich zum Dienst. Sogleich werde ich freundlich von Kolleg·innen begrüßt, deren Namen ich mir noch einprägen will, schon sind sie bei der Tür raus. Dafür lächelt mir Michael aufmunternd zu und heißt mich zur ersten Schicht willkommen.

„Schau, hier hast du eine Schürze, da unten findest Namensschilder… und gleich da liegen die Listen, auf denen du die schichtspezifischen Arbeitsschritte nachlesen und dann abhaken kannst.“ Er zeigt mir auch gleich das so genannte „Logbuch“ (sprich einen Block), in dem wir Nachrichten vermerken sollen, die für die Nachfolge-Schicht relevant sein werden.

Großartiges Nachlese-System, denke ich mir, quasi analoge Pflichtenhefte 2.0 – wohldurchdacht, alles penibel angeführt, bis ins letzte Detail sind sämtliche Arbeitsschritte (selbsterklärend) beschrieben und ausformuliert. Die Erläuterungen zur Handhabe von Bodenwischer und „Gschirrhangerl“ machen mich schmunzeln, die Notiz zu „aller Anfang ist das Händewaschen“ und die Gebrauchsanweisung im Umgang mit „feuchten Tüchern“ eher baff. „Dienstags ist meist weniger los,“ erzählt mir mein Kollege, während er die – für mich vermeintlichen – Geheimnisse rund ums Kassieren lüftet. Rasch stellt sich heraus, dass es derer nur wenige gibt: Pfand-Verrechnungen und -Rücknahme sind gewöhnungsbedürftig, und es schadet nicht, wenn man sich ein wenig mit der Logik der Sortimentsliste vertraut macht, um beim Kassieren nicht „beim Lauf der Orientierungslosen“ in Stress zu geraten. (Letzteres ist definitiv meine ganz persönliche Baustelle, wenn ich es zum Problem mache, dass ich mit einem Ablauf nicht gleich klar komme, und ein zweites, drittes Mal nachfragen muss… kurz, mich „deppert anstelle“, was mein Stolz gar nicht verträgt…!). Geduldig beantwortet Michael meine Nachfragen zu Eventualitäten und Hoppalas, freundlich erklärt er mir zum dritten Mal nach meinem lustvollen Scheitern mit der Pfand-Rückerstattung, warum das Minus zum Plus Null ergibt… und ja, ich schaffe es immer noch, die einfachsten Arbeiten unnötig zu zerdenken.

Nix los?

Dafür bin ich ziemlich gut mit Stillbeschäftigung – und das nicht nur, weil sich wenige MILAs an diesem Dienstag ins Geschäft verirren, sondern weil mir einfach rasch kalt wird, wenn ich mich nicht bewege. Regale nachschlichten bietet Abwechslung, genauso gschwind mit dem Besen durchs Lager und/oder durch den Shop wieseln. Mit Kübel und Putzschwamm bewaffnet, helfe ich MILA-Allrounder David beim Zusammenbauen des Vintage-Regals, das aus einer ehemaligen Dorf-Greißlerei in Güssing stammt und nun eine neue Heimat in unserer Grätzel-Greißlerei bekommt.

Losgelöst

Seit Jahren beschäftigt mich meine Ohnmacht als Konsumentin gegenüber der „Supermacht Supermarkt“ , deren Umweltzerstörung, Verschwendung von Lebensmitteln, Bodenverbrauch und prekäre Arbeitsbedingungen der Handelsangestellten, nicht zuletzt deren Einkaufsmacht im Druck auf Produzent·innen. Ich suchte nach Möglichkeiten alternativen Einkaufens über „direkt beim Bauern“ und Wochenmarkt hinaus, bin nun Teil der MILA-Familie geworden und versuche mich aktiv einzubringen, auch über die „vorgeschriebenen“ drei Stunden-Mitarbeit alle vier Wochen (!) hinaus. Denn gemeinsam werden wir es schaffen, einen eigenen Supermarkt aufzubauen, der alle Standards erfüllt, die moderner Konsum mit Verantwortung verlangt. Ich bin stolze „MILAnesin“.

Karin Kuna, 14.4.2023

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