Die Dorfgenossenschaft Um’s Egg eG betreibt seit 2019 das 1. Ennstaler Genossenschaftsgeschäft. Mittlerweile gibt es zwei weitere Standorte und ein dritter ist geplant. Ende April besuchen David Jelinek und Beatrice Stude Um’s Egg. Bernd Fischer und Brigitte Kieweg – er Geschäftsführer, sie Vorsitzende, beide Gründungsmitglieder – lassen uns mitarbeiten und beantworten viele Fragen – Teil 1.

Autorin: Beatrice Stude

So langsam werde ich hungrig. Mandelmus, Schnittlauch-Aufstrich, Leinöl, Frühstücksflocken. Nur leckere Lebensmittel gehen durch meine Hände: Ich stehe im Lager und kommissioniere die Lieferung für Ardning, Pruggern und Losenstein – die Ware gleich auf die drei Standorte aufzuteilen ist effizient. Am Tablet ist zu sehen, für welchen Standort welche Produkte bestellt sind. Die Ordnung im Regal für Ardning und Pruggern mit Kisten und Regalnummern ist einfach, Bernd hat sie mir kurz erklärt. Die Ware für Losenstein kommt in den Einkaufswagen, den holen sich Brigitte und David, sie räumen die Produkte gleich im Geschäft ins Regal. Das Lager für Losenstein ist minimal.

Gemüse und Obst ist herausfordernd

Diesen schwierigeren Einstieg mit Gemüse und Obst macht Bernd mit mir zusammen. Denn die Milchprodukte und Tiefkühlware hatte Brigitte schon erledigt – das hat Priorität, damit die Kühlkette passt. Für Obst und Gemüse teilen wir nach Augenmaß auf – ohne Waage.

„Gemüse ist immer eine eigene Challenge! Es gibt ständig Änderungen: Du bestellst einen italienischen Bataviasalat und es kommt der österreichische – das heißt Preise nacharbeiten und so weiter.“

Obst und Gemüse muss nach Name im Tablet gesucht werden – da musst du wissen, was du in der Hand hälst. Und, manchmal suchen: Paradeiser oder Tomaten? Häupl- oder Kopfsalat? Karfiol finde ich gleich als Karfiol. Bei Gela Ochsenherz, einer solidarischen Landwirtschaft im Norden Wiens, hab ich schon viel beim Miternten dazu gelernt und kenn mich bei Gemüse ganz gut aus. Gela Ochsenherz steht auch auf Bernds Liste, er will die Solawi gern einmal besuchen.

Das meiste Obst und Gemüse kommt offen in Kisten und aus der Region. Außer Bananen, hier muss immer die Verpackung aufgemacht werden, sodass sie Luft bekommen und nicht schimmeln. Bananen sind in einem fast reifen Zustand über lange Zeit, und werden begast, wenn sie das Lager verlassen.

Die Trockenware ist dagegen einfach: Strichcode scannen, Ware verräumen, abhaken und so weiter. Um’s Egg arbeitet mit LotzApp. Die Strichcodes der Produkte sind alle schon in die Software eingepflegt, außer die der Großverpackungen. Wenn ein Strichcode nicht funktioniert, wie bei den Weintrauben an diesem Morgen, druckt Bernd einen neuen aus. Dafür empfiehlt er seinen Barcode-Drucker – er hat schon so einige getestet, sein aktueller funktioniert gut – die Herstellerfirma hat ihren Sitz in Niederösterreich.

Die Idee, mit der alles in Losenstein begann

Am Anfang stand die Idee mit 6 Aspekten, sowie die gemeinsame Umsetzung als Genossenschaft ohne einen Bankkredit aufnehmen zu müssen:

  1. Gemeinsam sind wir stark!
  2. Ein regionales Sortiment – Produkte vorrangig aus 40 km Umkreis
  3. Genossenschaftsmitglieder können zu verlängerten Öffnungszeiten einkaufen
  4. Kurze Öffnungstage für Alle und Lieferservice für Kranke
  5. Kooperation vor Konkurrenz, Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern und Produzenten
  6. Stärkung des Ortskerns – Infrastruktur langfristig absichern

Alle sechs Aspekte der Idee wurden umgesetzt: So viele Produkte wie möglich kommen von Produzent:innen aus dem Umkreis: Milch, Fleisch, Brot und Gebäck. Die regionalen Produkte machen über 70 Prozent des Umsatzes aus. Die Mitglieder entscheiden, nicht zu letzt durch die Auswahl der Produkte, die sie einkaufen. Bei der Dorfgenossenschaft können sie aus rund 1.500 Produkten auswählen. Avocados gibt es beispielsweise nur im Geschäft in Losenstein.

Mitglieder können an sieben Tagen in der Woche einkaufen. Für alle anderen ist das Geschäft drei Tage die Woche geöffnet. Derzeit gibt es keine Nachfrage für Lieferservice für Kranke, dass läuft wohl unter Nachbarschaftshilfe, ohne, dass Um’s Egg dafür etwas organisiert. In den ersten Lockdowns der Pandemie und als Leute in Quarantäne mussten, war der Bedarf da: Die Auslieferungen übernahmen Freiwillige, die oft gar keine Genossenschaftsmitglieder waren.

Juli 2019 Um’s Egg eröffnet

Um’s Egg wurde im April 2018 gegründet – in Losenstein, einer Gemeinde mit rund 1.600 Einwohner:innen in Oberösterreich. Rund 110 Quadratmeter Verkaufsfläche hat das Genossenschaftsgeschäft heute, und rund 90 Quadratmeter Nebenräume: Büro- und Aufenthaltsraum, WC und Lager.

135 Mitglieder hat Um’s Egg aktuell, inklusive Gründungsmitglieder, und dazu 72 Lieferant:innen, von denen 20 Mitglieder sind. Die Mitglieder kaufen mit Mitgliederkarte, mit der sie auch an der Kassa ihren Einkauf bezahlen: Mit Bankomatkarte, in bar oder mit Ennstalern – der regionalen Währung. Die Mitglieder kaufen für 70 Prozent des Umsatzes ein, die Nicht-Mitglieder tragen 30 Prozent des Umsatzes bei.

Um’s Egg wurde und wird begleitet vom Revisionsverband Rückenwind. Die Zusammenarbeit klappt gut. Mittlerweile kommen auch öfters Fragen über Rückenwind von andere Initiativen und Genossenschaften an Um’s Egg: Sie teilen gern Erprobtes und etablierte Prozesse oder wie sie Dinge organisieren.

Ortskernbelebung und einen Nahversorger in der Gemeinde zu haben, dass sind wichtige Themen hier am Land: Nicht nur für die Kund:innen aus dem Ort oder der Umgebung, die Lebensmittel haben wollen; sondern auch für die regionalen Produzent:innen, die einen Absatzmarkt brauchen.

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