Was passiert, wenn Architekt*innen nicht nur ein Gebäude gestalten, sondern später selbst darin einkaufen wollen? Burkard Kreppel und Anja Mönkemöller vom Architekturbüro MUKA erzählen im Interview, wie sie zu MILA gekommen sind, was Bauen im Bestand besonders macht – und worauf sie sich am meisten freuen. Ein Gespräch über Nachhaltigkeit, Verantwortung und das gute Gefühl, wenn ein Raum wirklich funktioniert.

Was hat euch zu MILA gebracht?
Burkard: 2020 habe ich das Buch Alles könnte anders sein von Harald Welzer gelesen, in dem es über solidarische Projekte geht. Dann sah ich im Künstlerhaus die Filmvorführung über die Park Slope Food Coop in New York – das hat mich total begeistert. Die Idee, dass so etwas auch in Wien entstehen könnte, fand ich großartig. So bin ich zu MILA gekommen und später in die Standortgruppe eingestiegen.

Wie ist es, an einem Projekt mitzuarbeiten, in dem man später selbst einkaufen wird?
Anja: Das ist für mich etwas ganz Besonderes. In der Architektur gibt’s oft diesen traurigen Moment, wenn ein Projekt, in das man jahrelang Herzblut gesteckt hat, abgeschlossen ist – und man darf theoretisch nie wieder hin. Aber hier weiß ich: Ich kann jederzeit zurückkommen, es mir anschauen, mich freuen. Das ist ein völlig neues, schönes Gefühl.

Welche Herausforderungen bringt das Bauen im Bestand – bei uns oder generell?
Burkard: Man muss den Bestand erst mal genau kennenlernen: Wie ist er aufgebaut, wie funktioniert er? Dann versucht man, das eigene Konzept Schritt für Schritt hineinzudenken. Beim Bauen entdeckt man oft Dinge, die anders sind als erwartet – das ist ein laufender Lernprozess. Im Unterschied zum Neubau, der einmal geplant und dann umgesetzt wird, bleibt das Bauen im Bestand bis zum Schluss spannend.

Gab es bei MILA schon unerwartete Überraschungen?
Burkard: Ja, schon in der Planungsphase. Wir müssen heutige technische Standards erfüllen – bei einem Bau, der 30 Jahre oder älter ist. Es gab keine Statikpläne mehr, also mussten wir Eisen freilegen und Decken nachrechnen. Auch der Brandschutz war aufwändig.
Anja: Die Haustechnik war eine Überraschung. Über uns liegt eine privat genutzte Wohnung. Die Elektro- Wasser- und Abwasserleitungen der Wohnung verlaufen zum großen Teil durch die Räume des zukünftigen Supermarkts. Die Leitungsführung nun zu trennen – damit hatten wir nicht gerechnet, das ist ziemlich aufwendig.


Wo stehen wir aktuell im Bauprozess?
Burkard: Wir sind beim Rohbau. Eine neue Betondecke wird zur statischen Verbesserung eingezogen, um die Erdbebensicherheit zu erhöhen – das ist behördlich vorgeschrieben. Der Stiegenabgang wird neu betoniert, um Platz für einen Plattformlift zu schaffen. Es entstehen gerade alle Durchbrüche, damit der Verkaufsraum als Einheit funktioniert. Danach folgen technische Installationen: Kälte, Strom, Sanitär. Dann kommt der Gussasphalt und die Innentreppe.
Anja: Zwei schöne Meilensteine!
Burkard: Danach beginnt der Innenausbau. Im Obergeschoss stellen wir Holzständerwände auf, um die neuen Räume zu schaffen.
Anja: Die Mitglieder werden dann Decken und Wände streichen.
Burkard: Dann kommen die Einrichtungselemente – vor allem die Kühlgeräte, die für den Supermarkt zentral sind. Wir setzen auf CO₂ als Kältemittel – nachhaltig, aber technisch aufwändig. Die Leitungen stehen unter großem Druck, müssen verschweißt und getestet werden. Danach gibt’s einen zweiwöchigen Probebetrieb, erst dann dürfen wir einräumen.

Wo habt ihr bei MILA auf nachhaltige Lösungen gesetzt?
Anja: Zwei Dinge fallen mir gleich ein: Bei herkömmlichen Supermärkten geht’s oft darum, dass alles billig ist und gut aussieht – da werden meist Alu-Gips-Trennwände eingesetzt. Die sind weder fürs Raumklima gut noch nachhaltig. Wir setzen auf Holzständerwände mit Holzfaserplatten – ohne künstliche Klebstoffe. Außerdem verwenden wir Glasschaumschotter als Bodendämmung statt herkömmlicher Schaumplatten, die eigentlich Sondermüll sind.
Burkard: Wir müssen aufhören, schädliche Materialien in die Umwelt zu bringen – und das kann man überall.
Anja: Natürlich geht nicht alles zu 100 % perfekt, das wäre unbezahlbar. Aber wir suchen einen gangbaren Weg, der möglichst weit geht.
Burkard: Viele schrecken vor Gussasphalt zurück, aber 90 % bestehen aus Sand, nur 10 % sind Bitumen – kein Teer, nicht giftig. Der Boden hält 30 bis 40 Jahre. Ein Vinylboden vielleicht zehn.

Thema Wohlfühlen – worauf achtet ihr dabei?
Anja: Gute Materialien tragen dazu bei, aber es geht auch um Atmosphäre: Lichtführung, Raumklima, Oberflächen. Wir nehmen Räume mit allen Sinnen wahr. Oft wird beim Bauen nur auf die Optik gesetzt – es soll „geil“ aussehen. Aber ob sich Menschen wohlfühlen, merkt man daran, ob bei der Planung wirklich mitgedacht wurde.

Wie ist das – zu bauen mit fast 1000 Mitgliedern?
Burkhard: Das haben wir so noch nie erlebt. Fast 1000 Menschen haben Geld investiert – das ist, als hätte man 1000 Auftraggeber:innen. Das ist eine große Verantwortung! Bei Einzelpersonen kann man Wünsche herausfinden, hier fehlt oft der direkte Kontakt zu allen. Wir versuchen, unser Bestes zu geben und einen möglichst neutralen Raum zu schaffen, der gut funktioniert und eine gute Atmosphäre bietet.
Anja: Ich finde es schön zu wissen, dass so viele Menschen hinter uns stehen. Natürlich wird es Leute geben, die sagen: „Diese Farbe gefällt mir nicht.“ Aber durch das Dasein, das Mitarbeiten und Einkaufen können sich alle den Raum aneignen.

Worauf freut ihr euch am meisten?
Burkard: Ich freue mich richtig darauf, hier einkaufen zu können. Und ich will eine Kochgruppe gründen – das erste Gericht wird eine Suppe.
Anja: Ich freue mich aufs Zurückkommen. Klar, ganz los wird man den kritischen Blick nicht – „Da oben schaut noch eine Schraube raus…“ – aber dann einfach den Raum genießen, ohne Termindruck oder Sorgen.
Burkard: Wenn in einem Projekt Leben ist und es dich anlächelt, dann ist alles erreicht. Ich bin gespannt!
Anja: Davon gehe ich jetzt mal aus. 😊

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